Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg ist das größte kulturhistorische Museum des deutschen Sprachraums und ein wahres Schatzkästchen deutscher Geschichte und Kultur. Mit über 1,3 Millionen Objekten von der Frühzeit bis zur Gegenwart bietet es eine einzigartige Reise durch die Jahrhunderte.
Geschichte des Museums
Gegründet wurde das Museum 1852 vom Freiherrn Hans von und zu Aufseß mit dem Ziel, die deutsche Kultur und Geschichte zu sammeln und zu bewahren. Von Aufseß wollte ein "Nationalmuseum der Deutschen" schaffen, das die Identität und das kulturelle Erbe des deutschen Volkes dokumentiert.
Ursprünglich in einem ehemaligen Kartäuserkloster untergebracht, wuchs das Museum stetig an. Heute erstreckt es sich über ein ganzes Stadtviertel mit modernen Erweiterungsbauten, die harmonisch mit der historischen Architektur des Klosters verbunden sind.
Die Sammlungen - Ein Überblick
Das Germanische Nationalmuseum beherbergt Kunstwerke und Kulturgüter von der Steinzeit bis zur Gegenwart. Die Sammlung gliedert sich in verschiedene Abteilungen, die jeweils Weltruhm genießen.
Mittelalterliche Kunst
Die Sammlung mittelalterlicher Kunst ist eine der bedeutendsten weltweit. Höhepunkte sind die romanischen und gotischen Skulpturen, illuminierte Handschriften und liturgische Geräte. Besonders beeindruckend ist der Bestand an mittelalterlichen Altarretabeln und religiösen Kunstwerken.
Deutsche Malerei der Renaissance
Hier findet sich die weltweit größte Sammlung deutscher Renaissancemalerei. Werke von Albrecht Dürer, Lucas Cranach dem Älteren, Hans Baldung Grien und vielen anderen Meistern dokumentieren die Blütezeit der deutschen Kunst im 15. und 16. Jahrhundert.
Höhepunkte der Sammlung
Der Nürnberger Engelsgruß
Eines der berühmtesten Exponates ist der "Engelsgruß" von Veit Stoß aus der Lorenzkirche. Diese monumentale Holzskulptur aus dem Jahr 1517/18 zeigt die Verkündigung Mariae und gilt als Meisterwerk der deutschen Spätgotik.
Das älteste Globenpaar der Welt
Die Globen von Martin Behaim aus dem Jahr 1492 sind die ältesten erhaltenen Erd- und Himmelsgloben der Welt. Sie zeigen das Weltbild der Zeit vor der Entdeckung Amerikas und sind von unschätzbarem wissenschaftshistorischem Wert.
Dürers Selbstporträt
Das berühmte Selbstbildnis Albrecht Dürers von 1500 zeigt den Künstler in christusähnlicher Pose und gilt als eines der wichtigsten Porträts der Kunstgeschichte. Es demonstriert Dürers revolutionäres Selbstverständnis als Künstler.
Musik und Musikinstrumente
Die Musiksammlung des Museums ist einzigartig in Europa. Sie umfasst über 3.200 Musikinstrumente aus acht Jahrhunderten. Von mittelalterlichen Lauten über Barockviolinen bis hin zu modernen elektronischen Instrumenten wird die gesamte Entwicklung der Musikkultur dokumentiert.
Historische Tasteninstrumente
Besonders bemerkenswert ist die Sammlung historischer Klaviere, Cembali und Orgeln. Viele dieser Instrumente sind noch spielbar und werden regelmäßig in Konzerten verwendet, wodurch die Musiktradition lebendig gehalten wird.
Textilien und Mode
Die Textilsammlung zeigt die Entwicklung der Kleidung und Wohnkultur vom Mittelalter bis heute. Kostbare mittelalterliche Gewänder, Renaissanceteppiche und bürgerliche Mode des 19. Jahrhunderts erzählen von Stil, Status und gesellschaftlichen Veränderungen.
Wissenschaftliche Instrumente
Als Zentrum des europäischen Handwerks und Handels war Nürnberg auch ein Zentrum der Wissenschaft. Die Sammlung umfasst astronomische Instrumente, Uhren, optische Geräte und mathematische Instrumente, die die Entwicklung der exakten Wissenschaften dokumentieren.
Nürnberger Uhrmacherkunst
Die berühmten "Nürnberger Eier" - frühe Taschenuhren aus dem 16. Jahrhundert - zeigen die handwerkliche Meisterschaft der Nürnberger Uhrmacher. Diese präzisen Zeitmesser revolutionierten die Zeitmessung und machten Nürnberg zum Zentrum der europäischen Uhrmacherei.
Archäologie und Frühgeschichte
Die archäologische Sammlung reicht von der Steinzeit bis ins frühe Mittelalter. Funde aus ganz Deutschland dokumentieren die Entwicklung der germanischen Stämme und den Übergang zur christlichen Kultur.
Moderne Sammlungsarbeit
Das Museum sammelt nicht nur historische Objekte, sondern erwirbt auch zeitgenössische Werke. So dokumentiert es die kontinuierliche Entwicklung deutscher Kultur bis in die Gegenwart.
Design und Alltagskultur
Moderne Abteilungen zeigen Design, Alltagskultur und Populärkultur des 20. und 21. Jahrhunderts. Von Bauhaus-Möbeln bis zu zeitgenössischer Medienkunst wird die Vielfalt deutscher Kultur dargestellt.
Forschung und Bildung
Das Germanische Nationalmuseum ist nicht nur ein Museum, sondern auch ein bedeutendes Forschungsinstitut. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter erforschen die Sammlungen und tragen zur internationalen Kunstgeschichts- und Kulturforschung bei.
Die Bibliothek
Die Museumsbibliothek ist eine der wichtigsten kunsthistorischen Spezialbibliotheken Deutschlands. Mit über 750.000 Bänden dient sie Wissenschaftlern aus aller Welt als Forschungsgrundlage.
Sonderausstellungen
Neben der Dauerausstellung zeigt das Museum regelmäßig hochkarätige Sonderausstellungen zu spezifischen Themen der deutschen Kulturgeschichte. Diese Ausstellungen bringen oft erstmals Leihgaben aus aller Welt zusammen und bieten neue Perspektiven auf bekannte Themen.
Besuchertipps
- Planen Sie mindestens einen halben Tag für Ihren Besuch ein
- Nutzen Sie die kostenlosen Multimedia-Guides für vertiefte Informationen
- Die Gastronomie im Museum bietet regionale Spezialitäten
- Der Museumsshop führt einzigartige Reproduktionen und Kunstbücher
- Führungen in verschiedenen Sprachen verfügbar
- Familienprogramme machen den Besuch auch für Kinder interessant
Das Museum als kultureller Mittelpunkt
Das Germanische Nationalmuseum ist mehr als nur ein Aufbewahrungsort für Kunstschätze. Es ist ein lebendiger Ort der Begegnung mit der deutschen Kultur, ein Zentrum für Bildung und Forschung sowie ein wichtiger kultureller Anziehungspunkt für Nürnberg.
Mit seinen vielfältigen Programmen - von Konzerten historischer Musik über Vorträge bis hin zu Workshops - macht das Museum Geschichte und Kultur für alle Altersgruppen erlebbar und trägt zur kulturellen Bildung bei.